, Cinémathèque Leipzig

Queer und (Anti-) Kapitalismus + Pay It No Mind: The Life and Times of Marsha P. Johnson

Vortrag

Queer und (Anti-)Kapitalismus

von Heinz-Jürgen Voß (Professor*in für Angewandte Sexualwissenschaft, Hochschule Merseburg)

Die "Erfolgsgeschichte" der bürgerlichen Homo-Emanzipation in den westlichen Industriestaaten während der letzten Jahrzehnte fällt mit der neoliberalen Transformation der Weltwirtschaft zusammen. Während vor allem weiße schwule Männer Freiheitsgewinne verbuchen, kommt es zu einem entsolidarisierenden Umbau der Gesellschaft, verbunden mit zunehmend rassistischen Politiken im Innern; zugleich dient der "Einsatz für Frauen- und Homorechte" als Begründung für militärische Interventionen im globalen Süden. Dabei waren es schon 1969 in der New Yorker Christopher Street "[S]chwarze und Drag Queens/Transgender of colour aus der Arbeiterklasse", die den Widerstand gegen heteronormative Ausgrenzung und Gewalt trugen und "sich in Abgrenzung zu weißen Mittelklasse-Schwulen und ­Lesben ‹queer› nannten, lange bevor deren akademische Nachfahren sich diese Identität aneigneten" (Jin Haritaworn). Doch auch hierzulande sind es die queer People of Color, die aktivistisch wie theoretisch gesamtgesellschaftliche Perspektiven jenseits des gängigen Homonationalismus entwickeln.

Film

Pay It No Mind: The Life and Times of Marsha P. Johnson

Michael Kasino, USA 2012, Dok, 100 min, engl. OF mit engl. UT

1969 – in der Christopher Street, dem LGBTIQ-Szene-Viertel in Greenwich Village sind Homosexuelle, Trans*-Personen und queere Menschen immer wieder Polizeischikanen, Festnahmen und gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt. So auch am 28. Juni im Stonewall Inn. „I got my civil rights!“ schrie Marsha P. Johnson, eine Transaktivist*in of Colour, und warf ein Shotglas in einen Spiegel. Dies war der Auslöser der ersten LGBTIQ-Riots. Die zentrale Rolle der Widerstandskämpferin Marsha P. Johnsons und weiterer Trans*-Personen of Colour ist heute nahezu vollständig vergessen. Ihre Bedeutung wird von Diskursen und Geschichten überlagert, die vornehmlich die Erlebnisse weißer schwuler Männer in den Vordergrund stellen.

This feature-length documentary focuses on revolutionary trans-activist, Marsha “Pay it No Mind” Johnson, who was a Stonewall instigator, Andy Warhol model, drag queen, sex worker, starving actress, and Saint. With her final interview from 1992, director Michael Kasino captures the legendary trans*/human rights activist as she recounts her life at the forefront of The Stonewall Riots in the 1960s, the creation of S.T.A.R. (Street Transvestite Action Revolutionaries) with Sylvia Rivera in the '70s, and a New York City activist throughout the '80s and early '90s.

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